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Kaffee – ein Thema mit vielen Facetten

Was Bremer Chemiker über die Inhaltsstoffe des Heißgetränks und ihre Auswirkungen auf den menschlichen Organismus herausgefunden haben

Foto: Pixabay


Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes summierte sich der Kaffeekonsum in Deutschland im Jahr 2021 im statistischen Durchschnitt auf ungefähr 169 Liter pro Kopf. Kaffee zählt demnach hierzulande nach wie vor zu den beliebtesten Getränken. Für Bremen spielt das Heißgetränk schon seit Langem eine besondere Rolle. Ein Großteil der importierten Kaffeebohnen, das heißt der Samen von Kaffeepflanzen, gelangt über die bremischen Häfen zu den Röstereien. Das Rösten sorgt dafür, dass die Kaffeebohnen ihr unverwechselbares Aroma erhalten. Gründe, sich mit dem Thema Kaffee zu beschäftigen, liefert allerdings nicht nur der Herstellungsprozess. Auch aus kulturgeschichtlicher und medizinischer Sicht ist es von Interesse, wie nicht zuletzt Forschungsarbeiten Bremer Chemiker unterstreichen.


Seit dem 17. Jahrhundert gibt es im christlichen Europa Kaffeehäuser


Den Kaffeegenuss verdankt die Menschheit Pflanzen aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae), die in mehr als hundert Arten vorkommen. Eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung haben aber nur zwei dieser Kaffeepflanzenarten erlangt: Coffea arabica und Coffea canephora. Als ursprüngliche Heimat der Kaffeepflanzen gelten tropische Gebiete in Afrika. Bei der Verbreitung des Kaffees sollen arabische Nomadenstämme zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert eine entscheidende Rolle gespielt haben. Sie brachten ihn auch nach Mekka. Pilger sorgten dann dafür, dass er über die gesamte islamische Welt verbreitet wurde. Schon im 16. Jahrhundert eröffneten in Konstantinopel (heute Istanbul) Kaffeehäuser. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts gelangte der Kaffee nach Venedig, wo das älteste Kaffeehaus des christlichen Europa entstand. Die Mode, Kaffeehäuser einzurichten, verbreitete sich in Europa rasend schnell. So gab es bereits im 17. Jahrhundert beispielsweise in Oxford, London, Paris, Den Haag und Wien Kaffeehäuser. Auch Bremen verfügte schon damals über eine solche Einrichtung. Einen entsprechenden Antrag hatte beim Rat der Stadt 1673 ein Niederländer gestellt, dessen Namen verschiedene Berichte in unterschiedlichen Schreibweisen wiedergeben, so unter anderem als Jan Jahns van Huisten. Bei dem von ihm initiierten öffentlichen Kaffeehaus handelte es sich demnach um das erste in Deutschland.


Altes Kinderlied widmet sich dem Kaffeekonsum


Dass dem Kaffeekonsum nicht immer positive Wirkungen auf die Gesundheit nachgesagt worden sind, belegt ein vor ungefähr zwei Jahrhunderten entstandenes Lied, das seither Generationen von Kindern begegnet ist, unter anderem in der folgenden Textfassung: „C-a-f-f-e-e, / trink nicht so viel Caffee! / Nicht für Kinder ist der Türkentrank, / schwächt die Nerven, macht dich blass und krank. / Sei doch kein Muselmann, / der ihn nicht lassen kann!“ Dass die Textbotschaft ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit vermittelt, gilt inzwischen als erwiesen. Abgesehen davon, dass längst nicht nur Türken beziehungsweise Muslime den Kaffeekonsum seit Jahrhunderten zu schätzen wissen, scheinen auch die gesundheitlichen Effekte andere zu sein, als es das Lied nahelegt. Kaffee wirkt bekanntermaßen aufputschend und harntreibend. Die Wissenschaft hat jedoch noch einiges mehr zutage gefördert.


Manche positiven Effekte auf die Gesundheit gelten als erwiesen


Die Auswirkungen des Kaffees auf den menschlichen Organismus werden seit vielen Jahren intensiv erforscht und sind auch heute nicht bis ins Letzte geklärt. Als erwiesen gilt aber mittlerweile unter anderem, dass regelmäßige Kaffeetrinker seltener an Diabetes Typ 2 erkranken und ein geringeres Risiko für erhöhte Leberwerte aufweisen. Dass der Kaffeekonsum den Blutdruck kurzfristig erhöhen kann, ist schon lange bekannt. Andererseits gibt es Hinweise, dass er bei vielen Menschen auf Dauer den Blutdruck senkt. Zu den Forschern, die sich seit Längerem mit Inhaltsstoffen des Kaffees und ihren Auswirkungen beschäftigen, gehört der Chemiker Professor Dr. Nikolai Kuhnert von der kürzlich in Constructor University umbenannten Bremer Jacobs University. Ein weiteres Beispiel für mögliche, aber nicht abschließend geklärte gesundheitliche Effekte haben er und seine Mitarbeiter unlängst im Fachjournal „Food & Function“ vorgestellt (Internet: Investigating the interaction between dietary polyphenols, the SARS CoV-2 spike protein and the ACE-2 receptor - PubMed (nih.gov)). Bei Laborversuchen stieß die Gruppe um Dorothea Schmidt und Kuhnert auf Hinweise, dass die im Kaffee enthaltene chemische Verbindung 5-Caffeoylchinasäure (Chlorogensäure) in starkem Maße die Wahrscheinlichkeit verringert, dass sich Spike-Proteine des Coronavirus SARS-CoV-2 an menschliche Zellen binden, genauer: an die geeigneten Andockstellen, die sogenannten ACE-2-Rezeptoren. Mit anderen Worten: Der Kaffeekonsum bietet möglicherweise einen Infektionsschutz. Dies sei zumindest plausibel, erklärte Kuhnert. Ob es tatsächlich der Fall sei, müsse allerdings erst noch mit weiteren Untersuchungen geklärt werden.


Hinweise auf Schutz des Erbgutträgers in Zellen


Kaffee enthält eine Vielzahl von unterschiedlichen Stoffen, darunter zum Beispiel Mineralstoffe, Nikotinsäure, Koffein, das eine aufputschende Wirkung besitzt, und außer der Chlorogensäure noch weitere Polyphenole, das heißt Pflanzenstoffe. Mit Blick auf möglicherweise positive Effekte des Kaffeekonsums wird nicht zuletzt auf die Tatsache verwiesen, dass bestimmte Pflanzenstoffe als Antioxidantien wirken, also verhindern, dass sogenannte freie Radikale, die beim Stoffwechsel entstehen, Zellen schädigen. Kaffee scheint den Erbgutträger in Zellen, die in der Art einer Strickleiter oder eines Strangs aufgebaute DNA (Desoxyribonukleinsäure), vor Schäden zu schützen. Wie die Autoren einer vor einigen Jahren veröffentlichten Studie (Internet: Consumption of a dark roast coffee decreases the level of spontaneous DNA strand breaks: a randomized controlled trial - PubMed (nih.gov)) erklärten, kann es aufgrund von Umwelteinflüssen, etwa von ultravioletter (UV) Strahlung, zu DNA-Strangbrüchen kommen. Solche Brüche könnten zum Beispiel bewirken, dass Zellen rascher alterten. In ihrer Studie untersuchten die Lebensmittelchemiker das Erbgut weißer Blutkörperchen von 84 gesunden Männern auf Strangbrüche. Die Hälfte der Männer hatte über vier Wochen täglich 750 Milliliter Kaffee getrunken, die andere Hälfte stattdessen Wasser. Zu Beginn der Untersuchung war die Anzahl der Strangbrüche bei beiden Gruppen ähnlich. Nach den vier Wochen wiesen die Kaffeetrinker deutlich weniger Strangbrüche auf.


Auf den Spuren der Chlorogensäure


Zu den im Kaffee enthaltenen Antioxidantien gehört die Chlorogensäure, die auch in vielen anderen Naturprodukten vorkommt, so etwa in Äpfeln, Birnen, Hülsenfrüchten und Artischocken. Kaffee weist jedoch einen besonders hohen Gehalt auf; sein Geschmack wird durch die Säure geprägt. Auf ihre Spuren haben sich Kuhnert und seine Mitarbeiter schon vor Jahren begeben. So sind sie in ihren Arbeiten auch der Frage nach dem Chlorogensäure-Gehalt von Kaffeebohnen aus unterschiedlichen Quellen nachgegangen. Der Chlorogensäure wird schon länger nachgesagt, einen positiven Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System zu haben, gegen Bakterien und Viren sowie entzündungshemmend zu wirken und den Blutzuckerspiegel zu senken.


Kurzer Blick in die Geschichte des Kaffeekochens


So wie sich die Einschätzung der Wirkungen des Kaffees im Laufe der Zeit gewandelt hat, so hat sich auch die Art der Zubereitung verändert. Anfangs war es üblich, geröstete Kaffeebohnen zu zerstampfen und dann mit Wasser aufzukochen. Die Praxis, Filterkaffee zu kochen, wird schon in einem Kochbuch aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erwähnt. Darin wird empfohlen, einen Filtriertrichter in eine Kanne zu setzen, Löschpapier in den Trichter zu legen, gemahlenen Kaffee hineinzugeben und diesen dann langsam mit kochendem Wasser zu übergießen. Als das Kochbuch verfasst wurde, spielte Kaffee im Welthandel bereits eine große Rolle. Haiti, Surinam, Brasilien, Jamaika, Puerto Rico und Costa Rica waren in jenem Jahrhundert zu wichtigen Anbaugebieten geworden. Heute wird Kaffee in zahlreichen lateinamerikanischen, afrikanischen und asiatischen Ländern angebaut. Die Anbaugebiete befinden sich im sogenannten Kaffeegürtel, das heißt im durch günstige klimatische Bedingungen geprägten Bereich unmittelbar nördlich und südlich des Äquators. Ausreichend Niederschläge und das Fehlen von Extremtemperaturen sorgen dort dafür, dass die Kaffeepflanzen gut gedeihen können. Die größten Mengen an Kaffeebohnen wurden in den letzten Jahren in Brasilien und Vietnam geerntet.


(Autor: Dr. Jürgen Wendler, Stand: Dezember 2022)


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